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Der Inhalt ist auch in den folgenden Sprachen verfügbar: English, español, français

Meinung

30 Sep 2019

Autor:
Maysa Zorob, Business & Human Rights Resource Centre

Der lange Weg zu einem Abkommen (Treaty) zu Wirtschaft und Menschenrechten

Ein halbes Jahrzehnt ist vergangen, seit der UN-Menschenrechtsrat im Juli 2014 erstmals für die Aufnahme von Verhandlungen über ein rechtsverbindliches Instrument zur Regelung der Aktivitäten von transnationalen Unternehmen und anderen Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Menschenrechte gestimmt hat. Die Elemente, der Umfang und der Inhalt des Abkommens (Treaty) waren Gegenstand einer lebhaften Debatte, zu der das Business & Human Rights Resource Centre mit seiner Blogserie Debate the Treaty beigetragen hat.

In der laufenden Diskussion gab es mehrere wichtige Meilensteine; der jüngste davon ist die Veröffentlichung des überarbeiteten Vertragsentwurfs durch die Regierung Ecuadors im Juli 2019. Dieser Entwurf wird im Oktober in der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen diskutiert. Wir haben an anderer Stelle argumentiert, dass ein Treaty nur dann wirksam sein kann, wenn er drei wichtige Kriterien einhält: Es muss 1. den Bedürfnissen schutzbedürftiger Gruppen gerecht werden, 2. wirksamen Zugang zu Abhilfe und Gerichten gewährleisten und 3. verbindliche Transparenz und Sorgfaltspflichten stärken. Wie ist der überarbeitete Vertragsentwurf im Vergleich zum Entwurf von 2018 (Zero Draft) anhand dieser Kriterien zu bewerten?

Gefährdete Gruppen

Seit 2015 haben wir fast 2.000 Morde, Prügelattacken, Drohungen und andere Formen der Einschüchterung von Menschenrechtsverteidiger*innen, die an wirtschafts- und unternehmensbezogenen Themen arbeiten, registriert. Dazu gehören auch gerichtliche Schikanen gegen Aktivist*innen, die zunehmend strategischen Klagen gegen die Öffentlichkeitsbeteiligung (SLAPPs) ausgesetzt sind. Unsere neuesten Untersuchungen zeigen, dass zwischen 2015 und 2018 13 große Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen und ein Industrieverband mindestens 26 SLAPPs gegen 72 Menschenrechtsverteidiger*innen eingereicht und insgesamt 985 Millionen US-Dollar Schadenersatz gefordert haben. Ein wirksames Abkommen muss den Bedürfnissen dieser Menschenrechtsverteidiger*innen und anderer Akteure gerecht werden, die im Kontext von Unternehmenstätigkeiten und -lieferketten einem erhöhten Gefährdungsrisiko ausgesetzt sind.

Der überarbeitete Vertragsentwurf verleiht Menschenrechtsverteidiger*innen sowohl in der Präambel als auch in mehreren operativen Bestimmungen mehr Anerkennung und bietet ihnen besseren Schutz; er beinhaltet entscheidende Verbesserungen bei der Gewährleistung von Geschlechtergerechtigkeit und hinsichtlich des Schutzes von Personen, die unter Besatzung und in anderen Konfliktgebieten leben. Der Treaty würdigt auch andere gefährdete Gruppen wie Kinder, Menschen mit Behinderungen, indigene Völker, Migranten, Flüchtlinge und Binnenvertriebene.

Zugang zu Abhilfe und Gerechtigkeit

100 der weltweit größten Unternehmen erhielten im jüngsten Ranking des Corporate Human Rights Benchmarks von 2018 für ihre Abhilfe- und Beschwerdemechanismen eine Durchschnittsnote von lediglich 15%. Dies zeigt, dass die meisten Opfer von Menschenrechtsverstößen durch Unternehmen routinemäßig keinen Zugang zu wirksamer Abhilfe und Rechtsprechung haben. Der weit verbreitete Mangel an Abhilfemaßnahmen wird noch verschärft, wenn sich Firmen hinter Unternehmensstrukturen verstecken, um sich der rechtlichen Haftung für die Menschenrechtsauswirkungen ihrer Tochtergesellschaften zu entziehen. Ein wirksamer Treaty muss daher den Zugang zu wirksamer Abhilfe und Rechtsprechung auf nationaler und extraterritorialer Ebene verbessern und Haftungsbeschränkungen („corporate veil“) durchbrechen, die Tochtergesellschaften nutzen, um Rechtsprechung zu entgehen.

Einer der vielleicht überzeugendsten Aspekte des überarbeiteten Entwurfs ist, dass er als seinen raison d’être richtigerweise die Opfer und deren Schutz begreift, wie Antonella Angelini feststellt. Die verschärften Bestimmungen über die rechtliche Haftung von Unternehmen wurden ebenfalls von vielen Seiten begrüßt, unter anderem von Carlos Lopez, der ihre enorme Bedeutung für die Umsetzung des Völkerstrafrechts und der Menschenrechtsnormen in Bezug auf Wirtschaftsunternehmen hervorgehoben hat.

Andererseits haben viele Interessengruppen zu Recht die mangelnde Klarheit und Spezifität des Entwurfs in wichtigen Bereichen kritisiert, wie beispielsweise in Bezug auf die Umkehr der Beweislast und die zivilrechtliche Haftung. Während der überarbeitete Entwurf Staaten verpflichtet, eine rechtliche Haftung für Komplizenschaft bei bestimmten (internationalen) Straftatbeständen zu etablieren, hat Prof. Doug Cassel zu Recht argumentiert, dass nichts im Entwurf ausdrücklich eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen vorschreibe, die an Menschenrechtsverletzungen durch Staaten beteiligt sind.

Transparenz und Sorgfaltspflicht

Viele Regierungen haben erkannt, dass freiwillige Maßnahmen – wenn auch wichtig – nicht ausreichen, um die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen zu gewährleisten. Das Scheitern dieses Ansatzes hat zu einem zunehmenden Trend hin zu verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf nationaler und regionaler Ebene geführt. In Europa ging Frankreich 2017 mit seinem Sorgfaltspflichtengesetz voran; andere Länder, darunter die Schweiz und Österreich, prüfen ähnliche Initiativen. Das niederländische Gesetz zu Sorgfaltspflichten im Kampf gegen Kinderarbeit verpflichtet Unternehmen, festzustellen, ob Kinderarbeit in ihrer Lieferkette vorkommt; und die Zivilgesellschaft in Deutschland hat gerade eine Kampagne für ein Gesetz zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten  gestartet. Eine wichtige Entwicklung ist auch, dass sich die finnische Regierung – die derzeit den EU-Ratsvorsitz ausübt – verpflichtet hat, Gesetzgebung zu verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu prüfen und auch auf EU-Ebene zu thematisieren.

Der Treaty bietet eine wichtige Gelegenheit, diese Trends zu beschleunigen und zu verstärken, um sicherzustellen, dass Unternehmen angemessene Maßnahmen ergreifen, um Verstöße zu verhindern. Der überarbeitete Entwurf enthält wichtige Bestimmungen, die Staaten dazu anhalten, Gesetze zu verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten einzuführen und Unternehmen zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeiten zu ergreifen. Dies ist zwar ein besonders wichtiger Schritt in die richtige Richtung, doch Menschenrechtsbefürworter*innen gehen weiter und fordern eine bessere Klärung des Zusammenhangs zwischen Prävention und Behebung/Abhilfe im Kontext von Menschenrechtsverletzungen. In ihrem jüngsten Kommentar schlägt Gabriela Quijano von Amnesty International vor, wie Staaten über den Bereich der unternehmerischen Sorgfaltspflicht hinausgehen können und müssen, um Schäden zu vermeiden.

Abschließende Beobachtungen

Der überarbeitete Vertrag bringt viele Verbesserungen mit sich, von denen einige bereits erwähnt wurden. Zwei weitere Verbesserungen sind erwähnenswert: Der erweiterte Anwendungsbereich des überarbeiteten Entwurfs gilt für alle Unternehmen, transnational und lokal; und die Präambel verweist ausdrücklich auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs). Dies ist eine wichtige Bekräftigung der Komplementarität von Treaty-Prozess und UNGPs, die sich gegenseitig als internationales System stärken können und müssen, das für Betroffene echten Schutz und echte Abhilfe anstrebt.

Einige Bedenken müssen im Rahmen der bevorstehenden Verhandlungen noch ausgeräumt werden. Dazu gehören die oben genannten und mehrere andere Fragen, darunter die fehlende Anerkennung direkter Menschenrechtsverpflichtungen von Unternehmen im Entwurf. Allerdings scheint es unter Jurist*innen, Wissenschaftler*innen und der Zivilgesellschaft einen Konsens darüber zu geben, dass der überarbeitete Entwurf insgesamt stärker ist als der Zero Draft, sowohl politisch als auch substanziell. Wir hoffen, dass die bevorstehende Verhandlungsrunde ein weiterer Schritt auf dem langen Weg hin zu einem wirksamen Treaty sein wird.

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Besuchen Sie unser Binding Treaty-Portal und unseren Debate the Treaty-Blog mit Expertise und Überlegungen zu Treaty-Elementen und -Prozess, zum Zero Draft und zum überarbeiteten Entwurf. Eine inoffizielle Zusammenfassung des überarbeiteten Entwurfs finden Sie hier.

Überlegungen zum Geänderten Vertragsentwurf für Wirtschaft und Menschenrechte

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