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Artikel

25 Feb 2023

Autor:
Die ZEIT

Peru: Disneys CO2-Emissionszertifikate gehen laut Zeit-Recherche zu Lasten lokaler indigener Gemeinschaften

"Unter Kohlenstoff-Piraten", 25. Februar 2023

Disney und andere Konzerne brüsten sich damit, den Regenwald und somit auch das Klima zu schützen. In Peru leiden die Menschen darunter.[...]

Es war im Frühjahr 2021, als Abads Familie im peruanischen Regenwald dem Klimaschutzprojekt großer Konzerne weichen musste. Dem eines Konzerns vor allem: Disney. [...]

Das liegt an einem Ziel, das der Konzern vor über zehn Jahren ausgegeben hat: Er werde seine CO₂-Emissionen weltweit bis 2020 halbieren. Disney hat das Ziel erreicht – obwohl seine Freizeitparks und Kreuzfahrtschiffe noch immer weit über eine Million Tonnen CO₂ im Jahr ausstoßen. 2012 waren es noch 1,7 Millionen Tonnen, in den Jahren darauf lag der Ausstoß teilweise sogar höher.

Das Versprechen konnte Disney nur wegen Alto Mayo erfüllen.

Das Gebiet hat seit 1987 einen Naturschutzstatus. Doch lange Zeit hatte der Staat kein Geld, um dessen Einhaltung zu überwachen. 2012 machte die US-amerikanische Organisation Conservation International aus dem Wald ein Kompensationsprojekt – mithilfe einer 3,5-Millionen-Dollar-Spende von Disney. Das Geschäft sollte helfen, den Schutzstatus auch durchzusetzen.

Dahinter liegt eine gängige Idee der Kompensation: Wird Regenwald abgeholzt, schadet das dem Klima. Zahlen Firmen dafür, dass er stehen bleibt, können sie so ihre CO₂-Emissionen ausgleichen. Als Beleg erhalten sie Zertifikate, die den kompensierten Ausstoß beziffern.

Das Geschäft mit CO₂-Zertifikaten ist milliardenschwer. Vor Kurzem hat die ZEIT berichtet, dass ein erheblicher Teil der Zertifikate des Marktführers Verra, mit denen Konzerne ihre Emissionen kompensieren, offenbar wertlos ist und dem Klima nicht hilft. Nun zeigen weitere Recherchen, dass die Projekte einigen Menschen vor Ort sogar schaden können. [...]

So lässt sich die Geschichte der CO₂-Zertifikate auch erzählen: als Geschichte, in der die Menschen, die in so einem Projektgebiet leben, von ihrem vermeintlichen Gewinn beim Geschäft nichts mitbekommen, obwohl hinter jedem Zertifikat auch ein soziales Versprechen steht – dass nämlich die Projekte nicht auf Kosten der Menschen vor Ort gehen, sondern den Wohlstand in der Region erhöhen. Disney wirbt sogar damit, in Alto Mayo nicht nur den Regenwald zu schützen, sondern noch dazu das Leben der Bauern zum Guten zu verändern.

Daran gibt es Zweifel. Die ZEIT und die britische Tageszeitung Guardian haben Alto Mayo im vergangenen Herbst besucht und mit Dutzenden Bewohnern gesprochen. Während einige angaben, das Projekt zu unterstützen, zeigten andere Wut auf die Betreiber. [...]

Pedro Bogarin, der Gouverneur aus der Region, sagt, viele Bewohner würden von den Einnahmen der Zertifikate nicht profitieren. "Zu glauben, dass das Geld bei denjenigen ankommt, die dafür ihr Verhalten ändern, ist eine Lüge", sagt er. Das bleibe in den Taschen der Betreiber.

Die Organisation Conservation International, die das Projekt gemeinsam mit der peruanischen Naturschutzbehörde betreibt, sagt, es gebe in Alto Mayo eine starke Unterstützung für das Projekt. Die Einnahmen der Zertifikate seien investiert worden, der Nutzen für die Bevölkerung sei "beträchtlich".

Hunderte Bewohner allerdings haben entschieden, die Vereinbarungen mit den Projektbetreibern nicht zu erneuern. Auch weil einige befürchten, mit ihrer Unterschrift ihr Recht auf ein Leben in ihren Häusern aufzugeben. [...]

"Uns wurde gesagt, dass wir im Wald nicht mehr leben dürfen", sagt er, "weil der Wald unter Schutz steht." In den Tagen darauf schildern weitere Männer und Frauen, dass auch ihre Häuser in den Dörfern tief im Regenwald abgerissen wurden. Viele von ihnen wissen nichts davon, dass ihr Zuhause seit Jahren Teil eines globalen Kompensationssystems ist, dass Konzerne Millionen Dollar für ihre Region ausgegeben haben, um vermeintliche Klima-Erfolge zu feiern, neben Disney auch Firmen wie Gucci oder Salesforce und die Band Pearl Jam. [...]

Conservation International schreibt, die peruanische Naturschutzbehörde habe versichert, dass keine bewohnten Häuser geräumt worden und die Gemeinden rechtzeitig über jeden Abriss informiert worden seien. Disney verweist auf Anfrage an die Organisation.

Spricht man mit einigen Bewohnern, klingt das Ganze anders. Ángela Carrasco, 57, sagt: "Sie kamen nachts und maskiert. Wie Gespenster. Mein Sohn, der krank ist, hat geschrien und geweint, als sie das Haus abrissen." Ein anderer Mann, ein Vater von acht Kindern, der auch Carrasco heißt, wie viele hier in Alto Mayo, sagt: "Meine Kinder haben die Polizisten angefleht. Aber die sagten uns, wir sollten unsere Sachen zusammenpacken und gehen." Mehrere von ihnen zeigen Videos, auf denen man sieht, wie Häuser mit Äxten, Seilen und Sägen umgerissen werden. Man hört flehende Stimmen, weinende Kinder. Ganz anders sieht es aus als das, was Disney in seinem Video verspricht. [...]

Auch Wilfredo Tsamash. Der Indigenenführer aus einer Gemeinde im Norden von Peru sagt, seine Leute würden sich mittlerweile die Mechanismen des Kohlenstoffmarkts selbst beibringen, damit sie bei den Geschäften nicht über den Tisch gezogen werden.

Nicht weit von hier, in einem Projekt südlich von Alto Mayo, haben die ersten Gemeinden schon Klage gegen den peruanischen Staat eingereicht. Sie fordern Entschädigung.