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Article

15 Fév 2021

Auteur:
Peter Bengtsen, taz

Malaysia: Zwangsarbeitsrisiken u.a. in Schutzhandschuh-Produktion; Einflussmöglichkeiten öffentlicher Beschaffung kaum genutzt

"Moderne Form der Sklaverei", 13. Februar 2021

Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft gibt es in Malaysia [...] in allen Wirtschaftszweigen, die für den Export produzieren: Elektronik, Bekleidung und Gummierzeugnisse aller Art...

Nach den Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind 20 bis 30 Prozent der Beschäftigten im Land Migranten...

Das Leben fern der Heimat ist nicht der einzige Preis, den diese Menschen zu zahlen haben. Viele verschulden sich, um die Arbeitsvermittler zu bezahlen, die von den malaysischen Unternehmen ausgesandt werden...

Viele versuchen der Schuldenfalle zu entkommen, indem sie – legal oder illegal – Überstunden schieben...

Westliche Unternehmen profitieren von den billigen Arbeitskräften aufgrund von Produktionsverlagerungen. Auch wenn viele große internationale Marken ihre Lieferanten auf Ethikrichtlinien verpflichten, die Zwangsarbeit ausdrücklich verbieten, ist sie nach wie vor weit verbreitet. Das gilt auch für etliche Handschuhhersteller.

Ihre Abnehmer in den USA sind umsatzstarke Konzerne wie McKes­son (Rang 16 auf der Fortune-Liste der 500 größten Unternehmen weltweit), Owens & Minor, Henry Schein oder Medline Industries. McKesson, Henry Schein und Medline beteuern zwar, dass sie von ihren Zulieferern „die Einhaltung der geltenden Vorschriften“ verlangen, zu den tatsächlichen Arbeitsbedingungen bei ihren malaysischen Zulieferern wollen sie sich jedoch nicht äußern.

Zu ihren Aktionären gehören große Vermögensverwalter wie BlackRock, State Street Global Advisors (SSGA) und die Vanguard Group. Letztere sagt von sich selbst, sie wache „sehr sorgfältig darüber, dass die Firmen in ihrem Portfolio die Menschenrechte achten“, und arbeite beim Lieferkettenmanagement eng mit ihnen zusammen. BlackRock behauptet von sich, es wolle den Fokus auf nachhaltige Investments legen, rea­gierte auf Anfragen aber ebenso wenig wie SSGA...

Nach Aussage von Insidern, die anonym bleiben wollen, werden die Arbeitsbedingungen bei den malaysischen Handschuhherstellern sehr wohl inspiziert, und zwar von millionenschweren Konzernen wie der britischen Intertek, den US-amerikanischen Underwriters Laboratories (UL) und der schweizerischen SGS.

Keines dieser Unternehmen war bereit, zu unseren Rechercheergebnissen und den dabei gesammelten Beweisen für Zwangsarbeit Stellung zu nehmen...

Seit Oktober 2019 stehen die Zeichen auf Veränderung, zumindest für Malaysia. Die amerikanischen Zollbehörden beschlossen – eine seltene Ausnahme – wegen des Verdachts der Zwangsarbeit einen Einfuhrstopp für Einweghandschuhe des malaysischen Produzenten WRP Asia Pacific...

Im Juli 2020 [...] stoppten [die USA] Einfuhren aus den malaysischen Fabriken des weltgrößten Handschuhproduzenten Top Glove.

Dieser zweite Warnschuss zeigte sofort Wirkung und löste ungeahnte Reaktionen aus. Nach drei Wochen sagte Top Glove seinen ausländischen Arbeitnehmern 12 Millionen Dollar als Ersatz für zu Unrecht gezahlte Vermittlungsgebühren zu. Der Branchenriese Hartalega folgte auf dem Fuße und versprach Entschädigungszahlungen in Höhe von 10 Millionen Dollar. Supermax ließ verlauten, man habe bereits begonnen, die angemessene Höhe einer Entschädigung auszurechnen...

Die EU-Kommission sei zwar offenbar nicht gewillt, dem amerikanischen Beispiel zu folgen, aber immerhin habe die EU ein „verbindliches Gesetz angekündigt, das die Unternehmen auf menschenrechtliche Sorgfaltspflicht verpflichtet“...

Die Regierungen haben aber noch ein anderes höchst wirkungsvolles Ins­trument in der Hand, das häufig vergessen wird: ihre öffentlichen Aufträge...

Mit ihrer Kaufkraft könnten Regierungen theoretisch also die Unternehmen dazu bewegen, entlang der gesamten Lieferkette anständige Arbeitsbedingungen zu gewährleisten...

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