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4 Dec 2025

Author:
taz

Deutschland: Amazon-Mitarbeiter stirbt während seiner Schicht im Warenlager in Erfurt

Allegations

"Amazon-Lager in Erfurt: Der tote Mitarbeiter"

Mitte November bricht in einem Amazon-Lager in Erfurt ein Mitarbeiter zusammen und stirbt. Verdi gibt dem Konzern eine Mitschuld, der wiegelt ab. [...]

Der Mann war 59 Jahre alt, ein Deutsch-Algerier und Mitarbeiter im Amazon-Lager in einem Vorort von Erfurt. Sein Name ist der Redaktion bekannt. Am Morgen des 17.11. brach er während seiner Frühschicht auf der Toilette zusammen und starb an einem Herzinfarkt.

Seitdem steht die Frage im Raum, welche Verantwortung Amazon trägt für den Tod dieses Mannes, mitten im „Black Friday“- und Weihnachtsgeschäft, dem stressigsten des ganzen Jahres. [...]

Am Morgen des 17.11. erschien der Mann zu seiner Frühschicht, sie beginnt in der Regel um 6 Uhr. Er soll für das sogenannte „Picken“ zuständig gewesen sein, hat also Waren aus dem Lager für Bestellungen zusammengesucht. Unter den Mitarbeitern gilt dies als besonders anstrengende Aufgabe.

Im Laufe seiner Schicht meldete er seinem Vorgesetzten, dass er sich unwohl fühle. So geht es aus Berichten von Mitarbeitern hervor, Amazon bestätigt das gegenüber der taz. Was danach passierte, darüber gehen die Erzählungen auseinander. Offiziell heißt es, mit dem Mitarbeiter sei vereinbart worden, dass er in die Pause gehe und danach entscheide, ob er nach Hause gehe. So sei man davon ausgegangen, dass er das Betriebsgelände verlassen habe und nach Hause gegangen sei.

Viele Mit­ar­bei­te­r:in­nen halten diese Version nicht für glaubhaft. Mit­ar­bei­te­r:in­nen würden engmaschig kontrolliert im Logistikzentrum, heißt es. Wer gehe, müsse offiziell auschecken. Es falle also auf, wenn ein Kollege länger nicht an seinem Arbeitsplatz sei.

Stundenlang auf der Toilette

Offenbar lag der Mann nach seinem Zusammenbruch für rund zwei Stunden auf der Toilette, bevor er gefunden wurde. Amazon bestreitet das nicht, ein Sprecher stellt aber gegenüber der taz klar: „Wir möchten betonen, dass es sich bei dem tragischen Vorfall nicht um einen Arbeitsunfall handelte.“ [...]

Auch Adorf geht nicht so weit zu sagen, dass der Tod des Mannes ein Arbeitsunfall gewesen sei. „Aber der Mann hätte womöglich gerettet werden können, wenn ihm schneller geholfen worden wäre.“

Adorf meint damit nicht nur die Zeit, in der der Mann leblos auf der Toilette lag. Er meint auch eine neue Entwicklung bei Amazon in Erfurt: Erst vor Kurzem sei dort der Betriebssanitäter abgeschafft worden, sagt Adorf. „Ein Betriebssanitäter hätte die Warnzeichen erkennen und einen Notarzt rufen können.“

Größtes Logistikzentrum in Europa

Ein Sprecher von Amazon sagt gegenüber der taz, verdi versuche, ein falsches Bild des tragischen Geschehens zu zeichnen. Er bestreitet nicht, dass der Sanitäter gestrichen wurde, sagt aber, man habe in Erfurt das Ersthelfer-Programm erheblich ausgebaut. Knapp 300 Kol­le­g:in­nen seien entsprechend geschult worden, damit seien sämtliche Vorgaben um ein Vielfaches übererfüllt. [...]

Die Arbeitsbedingungen allerdings beschreibt Matthias Adorf von verdi als hart. „Die Mitarbeiter stehen extrem unter Druck: Sie müssen enge Vorgaben erfüllen, arbeiten gegen die Uhr und können sich kaum erlauben, krank zu werden.“

Großteil der Beschäftigten hat Migrationsgeschichte

Nach Adorfs Schätzung haben rund drei Viertel der Mitarbeitenden einen Migrationshintergrund. Die meisten dieser Beschäftigten kommen aus den sogenannten Drittstaaten, das heißt, aus Ländern außerhalb der Europäischen Union, aus Syrien, Irak oder Afghanistan. „Bei vielen ist der Aufenthaltsstatus an ihren Job geknüpft. Sie können also nicht riskieren, ihn zu verlieren. Das weiß Amazon und nutzt es aus.“[...]

Einen Tag nach dem Tod des Mannes postet ein Verein von in Deutschland lebenden Algeriern sein Bild auf Facebook, dazu die Nachricht von seinem Tod. Zahlreiche Algerier hinterlassen unter der Nachricht Beileidsbekundungen.

Wenige Tage später leitet die Staatsanwaltschaft Erfurt ein Todesermittlungsverfahren ein, es dauert bis heute an. Linke und SPD fordern im Thüringer Landtag Aufklärung von den Behörden.

Der Leichnam des Mannes ist inzwischen in seine Heimat Algerien überführt und dort bestattet worden. Die Überführung hat der algerische Staat bezahlt. Ob Amazon sich an den Kosten für die Bestattung beteiligt hat, ließ das Unternehmen auf taz-Anfrage offen.