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Meinung

14 Dez 2021

Autor:
Maysa Zorob & Elodie Aba, Business & Human Rights Resource Centre

Anti-SLAPPs-Gesetzgebung muss gerichtliche Schikanen gegen Menschenrechts-verteidiger*innen verbieten

Shutterstock (purchased)

Die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen (Human Rights Defenders, HRDs) zur Aufdeckung von negativen Auswirkungen von Unternehmen weltweit war noch nie so wichtig wie heute. Angesichts der existenziellen Herausforderungen einer globalen Pandemie wie COVID-19, der Klimakrise, künftigen Veränderungen in der Arbeitswelt und zunehmender Migration setzen sich Menschenrechtsverteidiger*innen für Fairness und Nachhaltigkeit in Unternehmensaktivitäten und auf globalen Märkten ein. Der zivilgesellschaftliche Raum ist zunehmend bedroht, da skrupellose Unternehmen und Regierungen auf der ganzen Welt das Rechts- und Justizsystem nutzen, um Kritiker*innen zu schikanieren.

Strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit (SLAPPs) sind ein wirksames Mittel, um Menschenrechtsaktivist*innen und andere Kritiker*innen zum Schweigen zu bringen, indem sie in einen kostspieligen Kampf um ihre Meinungsfreiheit und die Existenz ihrer Organisationen gezwungen werden. SLAPPs finden in einem breiteren Kontext von gerichtlichen Schikanen statt. Seit 2015 hat das Business & Human Rights Resource Centre weltweit 3.671 unternehmensbezogene Angriffe auf HRDs registriert. Bei fast der Hälfte (48%) dieser Angriffe handelt es sich um gerichtliche Schikanen, und die Zahlen steigen in alarmierendem Ausmaß.

Rechtsverteidigung gegen SLAPPs

Anwält*innen und Jurist*innen haben verschiedene rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten entwickelt, um Menschenrechtsverteidiger*innen vor SLAPPs zu schützen, mit einigen bemerkenswerten Erfolgen, wie in unserem Jährlichen Briefing Rechtliche Unternehmensverantwortung 2020 zu juristischen Schikanen in Südostasien erwähnt. So beriefen sich Anwält*innen beispielsweise erfolgreich auf Verfassungsnormen, um das Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung und Redefreiheit als rechtliche Verteidigung gegen SLAPPs geltend zu machen. Ungeachtet dieser Einzelerfolge sind die Möglichkeiten einer wirksamen Rechtsverteidigung ohne einen soliden Rechtsrahmen, der SLAPPs und andere Formen gerichtlicher Schikanen verbietet, nach wie vor gering.

Anti-SLAPPs-Gesetzgebung rund um den Globus

Um Unternehmen daran zu hindern, öffentliche Beteiligung zu untergraben und Recht zu missbrauchen, um HRDS zu schikanieren und zum Schweigen zu bringen, haben mehrere Länder Anti-SLAPPs-Gesetze erlassen. Wie in unserem Jährlichen Briefing 2020 ausführlich dargelegt, ist Südostasien in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert. Südostasien ist ein globaler Hotspot für SLAPPs – 44% aller Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger*innen umfassen gerichtliche Schikanen – und gleichzeitig Vorreiter für Anti-SLAPPs-Gesetze. Drei der 11 südostasiatischen Länder verfügen über einschlägige Gesetze zum Schutz vor Klagen, die die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen einschränken könnten: Thailand, die Philippinen und Indonesien.

In Indonesien verbieten das Gesetz Nr. 32/2009 über Umweltschutz und -management (Art. 66) und das Gesetz Nr. 18/2013 über die Verhinderung und Beendigung von Waldzerstörung (Art. 78 Abs. 1) die Einleitung von Straf- oder Zivilverfahren gegen Personen, die für das Recht auf eine intakte und gesunde Umwelt kämpfen, sowie die Einleitung solcher Verfahren gegen Journalist*innen und Informant*innen, die Informationen im Rahmen des Gesetzes über die Vorhinderung und Beendigung von Waldzerstörung liefern.  

Auf den Philippinen enthält die Umweltklagen-Verfahrensordnung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2010 ausdrückliche Anti-SLAPP-Schutzbestimmungen, die es den Gerichten ermöglichen, SLAPPs in einer Schnellanhörung abzuweisen, bevor es zu einem vollständigen Prozess kommt. Außerdem ermöglicht diese Verfahrensordnung Einzelpersonen, die sich für Umweltrechte einsetzen, die Einrede zu erheben, dass es sich bei der gegen sie eingereichten Klage um eine SLAPP-Klage handelt.  

In Thailand enthält Abschnitt 161/1 der Strafprozessordnung nun einen Verweis auf den Schutz der Meinungsfreiheitsrechte von Verteidiger*innen vor SLAPPs. Der neue (2019 geänderte) Abschnitt ermöglicht es den Gerichtshöfen (Courts of Justice), ein Strafverfahren in der Phase der Klageerhebung (d.h. vor der Durchführung eines vollständigen Verfahrens) abzuweisen, wenn das Gericht feststellt, dass der Klagegrund auf der bösen Absicht beruht, (1) eine Person zu schikanieren, (2) gegenüber einer Person einen Vorteil bzw. (3) generell unrechtmäßige Vorteile irgendwelcher Art zu erlangen oder (4) korrupte Ziele zu verfolgen.

Auch wenn diese Gesetze nur einen begrenzten Anwendungsbereich haben und Anwält*innen bisher wenig Gebrauch von ihnen gemacht haben, sind sie doch ein wichtiges Instrument, um größere Reformen in Bezug auf Anti-SLAPP-Gesetzgebung zu erreichen.  

Im globalen Norden gibt es derzeit in den USA, Kanada und Australien Anti-SLAPPs-Gesetze. In den USA haben 31 Bundesstaaten und der District of Columbia solche Gesetze erlassen, und in Kanada haben die Provinzen British Columbia, Ontario und Quebec Gesetze gegen diese Form gerichtlicher Schikanen erlassen. Im australischen Australian Capital Territory – Protection of Public Participation Act 2008 gibt es ebenfalls solche Schutzbestimmungen. In unterschiedlichem Ausmaß enthalten diese Gesetze Bestimmungen, die eine frühzeitige Einstellung von Verfahren, die Aussetzung der Beweisaufnahme und/oder die Rückforderung von Prozesskosten für die Beklagten ermöglichen und sich bereits als erfolgreich erwiesen haben. So hat beispielsweise das Gericht in der von Resolute Forest gegen Greenpeace in den USA eingereichten böswilligen Klage den Fall abgewiesen und den Beklagten ihre Anwaltskosten gemäß dem kalifornischen Anti-SLAPPs-Gesetz zugesprochen.

Dort, wo es noch keine Anti-SLAPPs-Gesetze gibt, setzt sich die Zivilgesellschaft weiterhin für solche Gesetze auf regionaler und nationaler Ebene ein. Kürzlich führte die Europäische Kommission öffentliche Konsultationen durch für eine Anti-SLAPPs-Richtlinie, die Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen vor Klagen schützen soll, wenn sie über Themen von öffentlichem Interesse zur Information der Öffentlichkeit berichten. In einer aktuellen Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses wurde die Notwendigkeit eines gesetzlichen Verbots von SLAPPs unterstrichen, und die Coalition Against SLAPPs in Europe (CASE) hat ein Papier veröffentlicht, in dem sie ein EU-Anti-SLAPPs-Gesetz fordert.

Im Vereinigten Königreich hat die UK Anti-SLAPP Coalition ein Strategiepapier veröffentlicht, das Gesetzes- und Regulierungsinitiativen zur Bekämpfung von SLAPPs untersucht, darunter auch ein mögliches nationales Anti-SLAPPs-Gesetz. In Kolumbien wird im Parlament ein Vorschlag zur Einführung von Anti-SLAPPs-Bestimmungen und zur Änderung der allgemeinen Prozessordnung und des Gesetzes 906 aus dem Jahr 2004 erörtert, um gerichtliche oder prozessuale Schikanen zu unterbinden, die darauf abzielen, die Rechte auf Meinungs-, Informations- und Vereinigungsfreiheit zu beschneiden.

Was kommt als Nächstes?

Rechtsrahmen zur Bekämpfung von SLAPPs sind ein wichtiges Instrument zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen vor gerichtlichen Schikanen. Ohne einen solchen Rahmen stehen Anwält*innen nur begrenzte Mittel zur Verfügung, um SLAPPs vor Gericht zu bekämpfen. Dies untergräbt ihre Möglichkeiten, die Abweisung von SLAPPs zu erwirken, ihre Willkürlichkeit aufzuzeigen und die gerichtlichen Schikanen von Unternehmen aufzudecken. Die meisten Gerichte wiederum haben nur wenige Möglichkeiten, SLAPPs abzuweisen, bevor es zu einem vollwertigen Prozess kommt, der in der Regel langwierig und kostspielig ist. Wo es diese Möglichkeiten gibt, müssen die Gerichte sie nutzen, um HRDs vor missbräuchlichen Klagen zu schützen, was sie in einigen Fällen auch bereits getan haben.

Um SLAPPs weltweit wirksam bekämpfen zu können, brauchen wir einen soliden Rechtsrahmen, der Unternehmen daran hindert, SLAPPs einzureichen, und der es den Gerichten ermöglicht, solche Klagen zu erkennen, aufzuheben und abzuweisen. Um dies zu erreichen, müssen Regierungen, Unternehmen und Investoren zusammen mit der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger*innen (und den Anwält*innen, die sie verteidigen) entschlossen für den Schutz der bürgerlichen Freiheiten und von Menschenrechtsverteidiger*innen eintreten, angesichts einer wachsenden Bedrohung.

Länder wie Australien, Kanada, Indonesien und Thailand haben bereits wichtige Schritte unternommen, um SLAPPs und andere Formen gerichtlicher Schikanen zu verbieten. Es ist an der Zeit, dass andere Regierungen diesem Beispiel folgen, um zivilgesellschaftliche Räume und damit Demokratien auf der ganzen Welt zu schützen.