Deutsches Lieferkettengesetz: ECCHR reicht wegen Verdacht auf Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes Benz ein
"Deutscher Wirtschaftsmotor brummt dank Zwangsarbeit: Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes Benz eingereicht"
Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes Benz beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht. Bislang haben die Unternehmen keine Belege präsentiert, die zeigen, dass sie auf das Risiko von Zwangsarbeit in Zulieferbetrieben in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang (uigurische Region) in angemessener Weise reagieren. Seit dem 1. Januar 2023 sind Unternehmen durch das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) dazu verpflichtet, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten einzuhalten, und unter anderem angemessene Maßnahmen zur Verhinderung oder Abschaffung von Zwangsarbeit zu ergreifen. Die Beschwerde wird vom Weltkongress der Uiguren (WUC) und dem Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre unterstützt.
Laut UN-Berichten ist die Menschenrechtssituation in der uigurischen Region verheerend. Die chinesische Regierung unterwirft die uigurische Minderheit massiver Repression und Zwangsarbeit. Ein Bericht der Sheffield Hallam University und NomoGaia belegt, dass potentiell in der gesamten Lieferkette der Automobilindustrie in dieser Region uigurische Zwangsarbeit eingesetzt wird. Laut diesem Bericht pflegen die drei Automobilhersteller Lieferbeziehungen zu Unternehmen, die möglicherweise in Zwangsarbeit verwickelt sind.
“In der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang wird Zwangsarbeit staatlich gefördert und die Zivilbevölkerung massiv und systematisch überwacht. Unabhängige Fabrikinspektionen sind laut übereinstimmenden Berichten nicht möglich. Deswegen können sich Unternehmen nicht auf Audits verlassen, um ihre menschenrechtliche Sorgfalt zu erfüllen. Angesichts der schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die hier im Raum stehen, muss das BAFA dringend prüfen, wie VW, BMW und Mercedes Benz menschenrechtliche Standards bei ihren Zulieferern in der uigurischen Region kontrollieren und auf deren Einhaltung hinwirken”, so Miriam Saage-Maaß, Legal Director beim ECCHR. “Wie das in der uigurischen Region geschieht, ist bislang ein Rätsel. Solange es keine glaubwürdigen und wirksamen Sorgfaltsprüfungsmechanismen gibt, sollten Unternehmen ihre Geschäftsaktivitäten dort einstellen”.
Als Kontrollbehörde muss die BAFA stichhaltigen Informationen zu Verstößen gegen das LkSG nachgehen, Unternehmen zu konkreten Maßnahmen anweisen und die Nichterfüllung von Sorgfaltspflichten gegebenenfalls sanktionieren. Hierbei ist vor allem wichtig, dass das BAFA klare Maßstäbe dafür setzt, wann Präventions- und Abhilfemaßnahmen, wie sie das LkSG vorsieht, auch tatsächlich “angemessen” sind. Wie gewissenhaft die BAFA ihren Auftrag wahrnimmt, ist entscheidend für die Umsetzung des LkSG. Es liegt in der Verantwortung der deutschen Behörde, die Einhaltung des LkSG zu kontrollieren. Diese trägt sie nicht nur gegenüber den Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten, sondern auch gegenüber der Wirtschaft insgesamt und den Verbrauchern.
„Die Verabschiedung des deutschen Lieferkettengesetzes ist ein wichtiger Meilenstein hin zu mehr menschenrechtlicher Verantwortung von Unternehmen für ihre Produktionsprozesse und Zulieferketten. Jetzt muss dieses zeigen, dass es auch wirkt. Automobilhersteller wie Mercedes, BMW und Volkswagen haben die Verantwortung sicherzustellen, dass sie nicht von uigurischer Zwangsarbeit profitieren“, so Dolkun Isa, Präsident des WUC.
2021 hat das ECCHR in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden Strafanzeigen gegen europäische Modemarken und Textilunternehmen eingereicht, da auch diese mutmaßlich von der Zwangsarbeit in der uigurischen Region profitieren. Mehr Information zu rechtlichen Intervention des ECCHR zur Unternehmensverantwortung und Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten finden Sie hier.
Der Spiegel hat VW, BMW und Mercedes Benz um eine Stellungnahme gebeten und schreibt:
"Der Wolfsburger Autokonzern zeigte sich überrascht von der ECCHR-Beschwerde. Man werde sich diese ansehen und sich anschließend dazu äußern, sagte ein Sprecher. Volkswagen hat mehrfach erklärt, nicht an Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein.
Mercedes-Benz erklärte, man nehme solche Berichte sehr ernst, sei in der Uiguren-Region aber nicht direkt tätig. Der Konzern stehe in Kontakt mit seinen Lieferanten und dränge diese bei Bedenken zur Klärung. Für den Fall, dass sich Anschuldigungen als berechtigt und überprüfbar erwiesen, würden geeignete Maßnahmen ergriffen, um die Standards für verantwortungsvolle Beschaffung einzuhalten. BMW äußerte sich bislang nicht zu dem Fall."