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Artikel

1 Jun 2023

Autor:
faz

Klares Ja zum Lieferkettengesetz

Eine Mehrheit der EU-Abgeordneten hat dafür gestimmt, dass Unternehmen ihre Lieferketten zum Schutz von Umwelt- und Menschenrechten strenger überwachen müssen. Zuvor hatte es deutliche Kritik am Gesetz gegeben.

Mit dem erst kurz vor dem Votum angekündigten Nein wollten die Christdemokraten das EU-Lieferkettengesetz noch stoppen. Am Ende aber hat das Europaparlament den im April unter Beteiligung der Christdemokraten ausgehandelten Mehr-Fraktionen-Kompromiss zu dem Gesetz mit einer klaren Mehrheit von 366 zu 255 Stimmen bei 38 Enthaltungen angenommen. Damit hat auch die christdemokratische EVP-Fraktion nicht geschlossen gegen das Gesetz gestimmt. Mit Nein stimmten die FDP-Abgeordneten.

Kritik übten die beiden Vorsitzenden der deutsche Christdemokraten, Daniel Caspary (CDU) und Angelika Niebler (CSU), die die Abkehr von dem Kompromiss initiiert hatten. Den Betrieben drohe riesiger bürokratischer Aufwand, der „unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen zu überfordern droht“. „Die Parlamentsposition ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht“, sagte die FDP-Abgeordnete Svenja Hahn. Der Schutz von Umwelt und Menschenrechten sei zuvorderst staatliche Aufgabe. Das könne die EU nicht an Unternehmen abwälzen.

Die Abgeordnete Anna Cavazzini (Grüne) betonte hingegen, endlich werde Umwelt- und Sozialdumping in den Lieferketten einen Riegel vorgeschoben. Die Verbraucher könnten künftig darauf vertrauen, dass in ihrem Einkaufskorb keine Schokolade oder Kaffee landeten, für deren Herstellung Menschen oder die Umwelt ausgebeutet würden.

Welche Unternehmen betroffen sind

Der Beschluss des Europaparlaments sieht vor, dass schon Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und einem Umsatz mehr als 40 Millionen Euro ihre gesamte Lieferkette überwachen müssen. Das tritt zwar erst nach einer Übergangszeit von fünf Jahren in Kraft, geht aber über den Vorschlag der EU-Kommission und auch das seit Jahresanfang geltende deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Das greift zunächst von einer Schwelle von 3000 Mitarbeitern an, 2024 fällt sie auf 1000 Mitarbeiter. Wie relevant die Schwellen sind, ist umstritten. Die Erfahrungen mit dem deutschen Gesetz legen nahe, dass ohnehin beinahe alle Unternehmen indirekt betroffen sind, weil sie etwa als Zulieferer großer Unternehmen Angaben zur ihrer Lieferkette machen müssen.

Anders als im deutschen Gesetz sollen die Unternehmen die gesamte vorgelagerte Wertschöpfungskette überwachen, bis zu den Rohstoffen. Zudem sollen sie auf der Abnehmerseite Verkauf, Vertrieb, Transport, Lagerung und Entsorgung ihrer Produkte überprüfen. Sie können die Kontrollen allerdings – diesen Punkt hat das Parlament neu eingefügt – nach dem Risiko staffeln, sprich danach, wie wahrscheinlich Verstöße gegen Menschen- und Umweltschutzrechte in einem Land oder bei einer Ware sind. [...]

Bevor das EU-Lieferkettengesetz in Kraft treten kann, muss das Europaparlament nun noch mit dem Ministerrat über eine gemeinsame Position verhandeln. Die Mitgliedstaaten haben sich schon Ende 2022 auf eine etwas weniger ambitionierte Position geeinigt. In den Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen wird es auch um die deutsche Idee einer sogenannten Safe-Harbour-Klausel gehen. Die Unternehmen könnten dann ihre Produkte und Lieferketten von externen Prüfern zertifizieren lassen und sich so vor Klagen schützen.

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